Erstmals erschienen: Herbst/Winter-Ausgabe in der Lambda, Vereinszeitung der HOSI-Wien
Wer sich für Frauenfußball interessiert, kommt an ihr nicht vorbei: Manuela Zinsberger.
Seit der Saison 2019/20 spielt die Torfrau in der Women’s Super League beim Arsenal London WFC. Zudem ist sie die Nummer Eins im Tor der österreichischen Frauenfußball-A-Nationalelf. Manchmal kann sie ihr Glück selbst kaum fassen.
Erste Schritte als Feldspielerin
Manuela Zinsberger ist am 19. Oktober 1995 geboren und aufgewachsen in einer kleinen niederösterreichischen Dorfgemeinde in Niederhollabrunn bei ihren Eltern und ihrer zwei Jahre älteren Schwester. Sie sind auch große Fans von ihrer sportlichen Leistung als Fußballerin.
Mit sechs Jahren hat sie begonnen, mit ihren männlichen Spielkameraden Fußball zuspielen. Ihr Vater war damals selbst als Torwart aktiv. Sie fuhr infolge mit ihm zum Fußballtraining. Dort war sie als Feldspielerin aktiv. Mit neun Jahren wechselte sie ihre Position zum Fußballtor. Sie habe sofort Gefallen daran gefunden, sich als Torfrau zu profilieren, trotz anfänglicher Skepsis ihres Vaters. Es sei für ihn ein zu hohes Verletzungsrisiko gewesen, wenn sie als Torfrau nicht richtig fallen würde.
Im Leistungsausbildungszentrum trainieren
Sie habe ihren Vater rasch überzeugt. Sie hatte sich auf dem asphaltierten Fußballplatz abwechselnd nach rechts und links fallen lassen, ohne sich zu verletzen. Seitdem unterstütze ihr Vater sie mit seinem Wissen über die Torwartposition. Nur während ihrer Trainingsspiele hinter dem Tor zu stehen, gewöhnte sie ihm rasch ab. Finanziell, wie auch in ihrer Leidenschaft für den Fußballsport, wurde sie von ihren Eltern zu hundert Prozent unterstützt. Sie durfte darüber stets selbst entscheiden, sagte Zinsberger. Sie sei dadurch privilegiert gewesen in einem Leistungsausbildungszentrum trainieren zu können.
Ihre ersten Trainingseinheiten als Torfrau machte sie beim Sportverein SV Neulengbach. Dort spielte sie in den Jahren 2010 bis 2013 österreichische Meisterinnenschaft. Sie trug damit erfolgreich zum ÖFB-Cup-Sieg bei.
Liebesglück mit Madeleine
Mit sechzehn Jahren habe sie sich das erste Mal gegenüber ihrer Familie geoutet, lesbisch zu sein. Sie war überrascht darüber, wie perfekt und großartig ihre Eltern darauf reagiert haben. Sie haben es als normal gesehen, wie es sich gehört.
In einer kleinen Dorfgemeinde mit rund 300 Einwohner*innen ist sie im ländlichen Niederösterreich aufgewachsen. Aber sie nahm keine Feindseligkeiten dort wahr, was nicht selbstverständlich ist. In der medialen Öffentlichkeit setzte sie jedoch den Zeitpunkt ihres Coming-out, erst als Madeleine in ihr Leben getreten ist. Mit ihrer Freundin repräsentierte sie ihr Coming-out der Öffentlichkeit.
Auch anderen Frauen Mut für diesen Schritt machen
Im Jahr 2022 folgte die Verlobung. Für Zinsberger war es der Moment, öffentlich auch anderen lesbischen Frauen Mut zu diesem Schritt zu machen. Abgesehen von einigen negativen Kommentaren in sozialen Medien haben zu rund 95 Prozent die positiven Rückmeldungen überwogen, sagt Zinsberger erfreut. Sie möchte mit ihrem Coming-out ein unterstützendes rückenstärkendes Zeichen setzen und sich selbst treu bleiben. Im Juni 2023 feierten die beiden ein großes Fest der Liebe im Kreis ihrer gesamten Verwandtschaft und Freund*innen.
Mit einer Fernbeziehung hat ihre Liebe begonnen. Sie haben infolge bewusst und jeden Tag drei bis fünf Stunden miteinander telefoniert, um sich bestmöglich persönlich kennenzulernen. Ihre Verlobte lernte dabei rasch den professionellen Frauenfußballsport zu verstehen. Sie beschlossen zusammenzubleiben.
EM-Sommer 2022 in Manchester gemeinsam erlebt
Die gebürtige Deutsche habe ihre zukünftige Frau begeistert bei der EM im Sommer 2022 live von der Tribüne der Zuschauer*innen im Manchester-Stadion verfolgt.
Beim entscheidenden Viertelfinal-Spiel Österreich vs. Deutschland habe sie ihrer großen Frauenliebe und der österreichischen Frauenfußball-Elf die Daumen gedrückt, sagt Zinsberger, mit einem Lächeln und Augenzwinkern.
Ausgleichsport und gesunde Ernährung
Die österreichische Fußball-Torfrau ist auch privat in ihrer Freizeit sportlich aktiv. So gehören Inlineskaten, Radfahren, Schwimmen und Wandern zu ihrem sportlichen Ausgleichsprogramm. Im Fitnesscenter Gym sorge sie sich auch um ihr persönliches Fitnessprogramm. Dort trainiere sie auch gemeinsam mit ihrer Frau.
Gemeinsame Kinobesuche und auf Reisen neues erleben sei für Zinsberger auch wichtig.
Sie sei aber auch darüber froh, privat beim Fußballsport etwas zu pausieren. An einer schweren Schulterverletzung hatte sie bereits im Jahr 2016 bei einem Spiel vs. Deutschland gelitten. Ihre Schulter heilte nach einem Monat wieder vollständig aus.
Gesunde Ernährung ist Manuela Zinsberger wichtig
Ein wichtiges Anliegen ist der österreichischen Frauenfußball-Nummer Eins die gesunde Ernährung. Beim Leistungssport ist verstärkter Fokus auf die gesunde Ernährung zu setzen. Nicht nur als professionelle Fußballspielerin, sondern allgemein als Mensch sei es ihr wichtig sich gesund zu ernähren. So ernähre sie sich vor allem glutenfrei, was ihrem Körper einen Mehrwert bringt. Ab und zu Fleisch essen gehöre genauso zu ihrem Leben wie alkoholische Getränke mit Maß und Ziel zu trinken. So gönne sie sich selten auch einen Radler beim sommerlichen Grillfest oder ein Gläschen Wein beim romantischen Abendessen. Von neuen veganen Gerichten lasse sie sich gerne inspirieren.
Hauptberuf „Fußball“ ist für Manuela Zinsberger Wirklichkeit
In ihrer Anfangszeit bei FC Bayern-München stand Zinsberger fünf Jahre unter Vertrag. Sie absolvierte dennoch ihre Ausbildung zur Bürokauffrau im Reha-Zentrum in München. Rechtzeitig vor Beginn der Europameisterinnenschaft 2017 hat sie ihre Zusatzausbildung dort abgeschlossen. Das Zertifikat zur Ernährungstrainerin mit B-Lizenz hat sie somit auch erfolgreich erworben. Ihr zweites berufliches Standbein habe sie damit finanziell abgesichert, was sie weiterhin als richtige Entscheidung sehe.
Mit Ehrgeiz und konstanter Leistung weiterentwickelt
Schließlich musste sie sich als 18-jährige junge Spielerin mit ihrer sportlichen Leistung noch beweisen, sagt sie. Bald darauf habe sie ihr Fußballtalent erfolgreich aufzeigen können, um intensiv bei FC Bayern-München gefordert und gefördert zu werden. Mit Ehrgeiz und konstanter Leistung habe sie sowohl auf dem Fußballplatz wie auch neben dem Platz ihre Persönlichkeit weiterentwickelt.
Natürlich verdiene sie keine Millionen Euro im Vergleich zu ihren männlichen Fußballkollegen. Aber sie kann hauptberuflich vom Fußballsport leben, sogar etwas ansparen, ohne ihr Sponsoring dafür einzuplanen. Sie habe sich mit Fachliteratur im Bereich der Persönlichkeitsentwicklung vertieft. Sie habe gelernt, ihr Gegenüber, egal ob Partnerin, Teamkollegin, Familienangehörige oder Freund*in, dadurch besser zu verstehen.
Sie habe bei ihrem ersten Einsatz als professionelle Fußballspielerin im Ausland fünf Jahre bei FC Bayern-München alle Fußball-Stationen durchlebt. Im Jahr 2018 wurde sie auch Deutsche Meisterin und DFB-Pokal-Finalistin. Sie habe sich von der Nummer Drei auf die Nummer Eins hochgearbeitet.
Transfer zu Arsenal London – eine neue Challenge für Manuela Zinsberger
Sie wechselte im Jahr 2019 zu Arsenal London nach England. Da sie den Wunsch nach einer neuen Challenge hatte, um eine neue Kultur und einen neuen Fußballverein kennenzulernen. Sie sei froh, diesen Weg gewählt zu haben. Sie habe in den letzten drei Jahren bei Arsenal selbst beobachtet, welche Qualitäten sie dabei weiterentwickelt hat. Es sei sowohl auf der persönlichen und mentalen, wie auf der fußballerischen Ebene erfolgt.
Sie sei mehr als zufrieden nun bei Arsenal mitzuspielen. Ihr Vertrag bei Arsenal London läuft noch bis zum Jahr 2024.
Ein lachendes und ein weinendes Auge bei der EM 2022
Die beiden unglücklichen Tore sehe sie mit lachendem und weinendem Auge beim Viertelfinal-Spiel der Euro 2022, Österreich vs. Deutschland. Drei Mal habe ihr Team das Aluminium getroffen. Der Ball wollte nicht ins Tor, sonst hätte das Spiel vielleicht noch eine Wende nehmen können.
Mit dem lachenden Auge sehe sie die großartige Entwicklung ihres Fußballteams. Immerhin ist Deutschland eine Nation, die schon im Finale der Frauenfußball-Endrunde gestanden ist. Sie sei dennoch auf die Leistung ihres Teams im Kader und in der Breite stolz. Sie habe mit ihrem österreichischen Frauenfußballteam großartige sportliche Leistung geschafft. Denn Chancen auf einen EM-Sieg waren da gewesen. Sie habe mit ihrem Team jahrelang einen sportlichen Prozess geführt, sagte Zinsberger. Als österreichische Legionärin bei Arsenal London freute sie sich besonders auch über den Sieg der Engländerinnen. Als Titelträgerin bei der EM 2022 haben die Engländerinnen wieder einen Mehrwert für den Frauenfußball gewonnen.
Jedes Team kämpfe für ihr eigenes Land und will ihre eigenen Ziele erreichen. Daher gebe es beim WM-Qualifikationsspiel keine Freundschaft auf dem Fußballplatz, sagte Zinsberger. Die freundschaftliche Umarmung mit den englischen robust spielenden Kontrahentinnen gebe es erst wieder nach dem Spiel unter Freundinnen.
Mit sogenannten gesetzten Nadelstichen das eine oder andere Tor erzielen
Zinsberger weiß die eigenen Stärken und Qualitäten ihres Teams zu schätzen. Mit großartiger sportlicher Leistung am Fußballplatz sich zu präsentieren und bis zum Abpfiff des Spiels gut zu kämpfen.
Jeder einzelne Schritt, den sie in den professionellen Fußballvereinen gesetzt habe, sei wertvoll. Es ist einerseits die professionelle Vereinsarbeit beim Fußball. Andererseits habe sie bei FC Bayern-München und Arsenal London ihren großen Kreis an Freund*innen gewonnen.
Goldener Handschuh 2021/22
Sie wurde als österreichische Fußballtorfrau mehrfach ausgezeichnet. So zum Beispiel:
- als österreichische Sportlerin des Jahres 2017
- als Fußballerin des Jahres 2020 und
- mit dem Goldenen Handschuh als beste Torfrau des Jahres 2021/22.
Neben den fußballerischen Fähigkeiten seien ihr auch Werte wie Disziplin, Ehrgeiz und harte Arbeit wichtig, um den Trainingszeitplan durchzuhalten. So mache sie individuell rund fünfzehn technische Trainingseinheiten, nach einundeinhalb Stunden Match auf dem Fußballplatz. Dazu zählen der Abschlag von der Hand, und den Ball auf den Zehner oder auf andere Positionen kicken, sagte Zinsberger.
Selbstverständlich spricht sie ihre Trainingseinheiten stets mit ihrem Trainer*innen-Team ab, um sich nicht zu überbelasten.
Manuela Zinsberger fordere jeden professionellen Männerfußball-Verein dazu auf, ein Frauenfußball-Team in ihren Klub aufzunehmen und es aktiv zu fördern.
Bildquellen: Manuela Zinsberger